«Autonomie. Teamwork. Zufriedenheit.» Einblicke ins Bosco mit Rolf Schwaller
- Stiftung Discherheim
- 16. Juni
- 3 Min. Lesezeit
Seit neun Jahren bietet das Bosco als spezialisiertes Tagesstrukturangebot der Stiftung Discherheim einen einzigartigen Arbeitsort im Wald – für Menschen mit herausforderndem Verhalten und erhöhtem Betreuungsbedarf.

Einer, der von Anfang an dabei ist: Rolf Schwaller. Im Gespräch erzählt er, was das Bosco ausmacht – und was ihm persönlich daran besonders wichtig ist.
Vom Schreiner zum Arbeitsagogen im Wald

Rolf Schwaller ist ursprünglich gelernter Schreiner. Über den damaligen Leiter der Tagesstätte fand er seinen Weg in die Stiftung Discherheim und absolvierte dort die Ausbildung zum Arbeitsagogen. Als er beim Aufbau des Boscos dabei war, bildete er sich zusätzlich im professionellen Deeskalationsmanagement weiter. Doch seine wichtigste Erfahrung, so betont er im Gespräch, habe er im Alltag gesammelt:
«Am besten lernt man die Menschen beim täglichen Zusammensein kennen. Man lernt die Blicke zu deuten, weiss, wie man mit bestimmten Situationen umgehen kann. Das schafft gegenseitiges Vertrauen. Und am Schluss kommt immer ein Lächeln. Das ist das Wichtigste.»
Struktur und Natur als tragendes Konzept
Der Tagesablauf im Bosco folgt einer klaren Struktur – vom Ankommen über das gemeinsame Znüni bis hin zur Arbeit mit Holz, dem Kochen am offenen Feuer und dem gemeinsamen Mittagessen.
«Die Klient:innen brauchen diese Struktur. Jeder Abschnitt – der Weg zum Platz, das Znüni, die Arbeit, das Essen – ist ein eigener Part, der Orientierung gibt»,
erklärt Schwaller.
Gearbeitet wird mit den Händen: Das gesamte Holz wird im Wald selbst gesammelt – grosse Stämme werden mit Seilen herangezogen – gesägt, gespalten und gestapelt. Die Klient:innen wissen, wofür sie es tun – das Holz wird gebraucht fürs Feuer, das Feuer wiederum für das Kochen des Mittagessens.
«Diese Kette von Abläufen ist für viele sinnstiftend. Sie erleben: Das, was ich mache, hat einen Zweck.»
Freiheit und Rückzug im Wald
Viele der betreuten Menschen fanden lange Zeit keinen passenden Platz – in früheren Einrichtungen wurden sie oft weggesperrt oder isoliert. Im Bosco ist das anders. Der Wald bietet Raum zur Entfaltung und zugleich Schutz.
«Ob Sonne, Regen oder Schnee, Sommer oder Winter – das Kindliche bleibt. Sie spielen mit Steinen oder mit Dreck, freuen sich am Wetter.»
Gleichzeitig gibt es stille Rückzugsorte wie die beiden «Waldzimmer» mit selbstgebauten Natursofas, wo man sich von den Reizen erholen kann.
Auch kleine Hilfsmittel erleichtern den Alltag:
«Ein Klient kann sich verbal nicht mitteilen. Wenn er mit der Glocke klingelt, wissen wir: Er möchte etwas trinken. Das erleichtert vieles – für ihn und für uns.»
Ein starkes Team – mehr als Kolleg:innen
«Das Team hier ist einfach super», sagt Schwaller ohne zu zögern. «Wir arbeiten Hand in Hand, wie eine Familie. Man kennt sich, kann sich aufeinander verlassen. Das ist nicht überall so – aber hier ist es ein ganz zentraler Aspekt.»
Was das Team ausmacht, ist nicht nur die fachliche Zusammenarbeit, sondern das zwischenmenschliche Miteinander:
«Das sind nicht nur Kolleg:innen – das sind Freunde. Das ist ein grosses Highlight bei meiner täglichen Arbeit.»
Perspektiven und persönliche Haltung
Das Bosco soll nicht grösser werden – denn so wie es jetzt ist, können die Klient:innen optimal betreut werden. Doch Rolf Schwaller kann sich gut vorstellen, dass Menschen aus anderen Tagesstrukturangeboten gelegentlich mithelfen und das Bosco für ein oder zwei Tage erleben. Und er hofft, dass es in Zukunft noch mehr solcher Orte gibt:
«Das, was wir hier machen, gibt es ja auch in anderen Institutionen. Und es ist gut, wenn es mehr solche Plätze gibt. Denn das hier ist ein Ort, der das Leben für die Klient:innen lebenswert macht.»
Zur Schlussfrage, das Bosco in drei Worten zu beschreiben, kommt seine Antwort ohne Zögern:
«Autonomie. Teamwork. Zufriedenheit.»
Dann hält er kurz inne und sagt:
«Wenn diese drei Dinge stimmen – für die Klient:innen und für uns – dann ist das für mich Erfolg. Und das ist das Beste.»
Impressionen aus dem Bosco: